#LinkedinDE // 19.05.20
Wie geht es den Deutschen im Homeoffice
— Interview mit Selena Gabat | Head of Marketing DACH LinkedIn
Studie zur mentalen Gesundheit im Homeoffice – in Zeiten von Corona
Seit Wochen wird das Arbeitsleben in Deutschland, Europa und auf der ganzen Welt auf den Kopf gestellt. Die COVID oder Corona-Krise stellt uns alle vor nie da gewesene Herausforderungen.
Viele sind in Kurzarbeit oder sogar schon ohne Job, andere in den sogenannten systemrelevanten Berufsgruppen, halten oftmals für einen unangemessen niedrigen Lohn das öffentliche Leben und das Gesundheitssystem am Laufen und wieder andere haben die Möglichkeit, von Zuhause aus zu arbeiten und können endlich das langersehnte Homeoffice mit Leben füllen.
Doch das derzeitige Homeoffice ist kein gewöhnliches: Neben Kindern, die homegeschooled oder betreut werden müssen, sitzen Partner*innen, die ebenfalls ihrer Homeoffice-Arbeit nachgehen, am Küchentisch oder dem Notbehelf im Schlafzimmer. Außerdem haben auch die Furcht vor Kurzarbeit oder Arbeitslosigkeit, die Angst um die Gesundheit lieber Menschen und auch um die Zukunft allgemein Platz genommen. Die Krise lässt ein gewohntes Arbeiten selten zu und belastet die Menschen.
LinkedIn, mit über 675 Millionen Mitgliedern weltweit und über 14 Millionen Mitgliedern im deutschsprachigen Raum, ist die Plattform das größte soziale Netzwerk für beruflichen Austausch und hat seit Februar auch auf seiner Plattform vermehrte Diskussionen und Beiträge darüber verzeichnet, wie Mitglieder mit dem Corona-Virus, dem damit einhergehenden neuen Arbeitsalltag und der psychischen Belastung umgehen. In einer weltweiten Studie zur mentalen Gesundheit hat LinkedIn über 2.000 Arbeitnehmer*innen und Unternehmer*innen in Deutschland sowie 1.000 Mitarbeiter*innen aus dem Personalwesen befragt und den deutschen Teil der Studie unter dem Titel „Mentale Gesundheit: Wie geht es den Deutschen im Homeoffice“ veröffentlicht. Sie gibt Antworten auf die Fragen, wie es ihnen bei der Arbeit in der Selbstisolation geht. Was stresst? Wo hakt es, was läuft besser? Und was tun Menschen in Deutschland, um gesund durch diese Zeit zu kommen? Im FearlessCulture Podcast spreche ich mit Selena Gabat, Head of Marketing LinkedIn DACH und Mitverantwortliche für die Studie, über die Ergebnisse und darüber, wie sie als Führungskraft mit der Situation umgeht. Selena berichtet ganz offen wie sie im Homeoffice mit Partner und zwei Kindern die Zeit erlebt, welche Ergebnisse der Studie auch ihre persönliche Einschätzungen sind und welche sie bemerkenswert findet – auch wenn sie nicht ihre persönliche Erfahrung widerspiegeln.
Sicher ist, die Arbeitswelt ist für viele von heute auf morgen ganz anders geworden und wird wohl auch nie wieder so sein, wie sie einmal war. Wir hoffen – wahrscheinlich alle – dass die positiven Errungenschaften und ganz besonders der Umgang mit Homeoffice in unsere neue Zukunft als normal eingehen wird. Wobei das COVID-Homeoffice an vielen Stellen nicht mit einem normalen Arbeiten von zuhause zu vergleichen ist (Stichworte: Kinderbetreuung, Homeschooling, Haushalt, etc.). Doch trotz der Mehrfachbelastung im „Zwangs-Homeoffice“ schätzen immerhin fast die Hälfte (44,9 %) die gewonnene Quality-Time mit der Familie. Und auch die positiven Auswirkungen auf die Gesundheit sind beachtenswert: So ernähren sich viele deutlich gesünder (Frauen 28,4 %, Männer: 22 %), vor allem die Jüngeren (24-35-Jährige: 30,5 %). Auch nutzen viele die „unfreie, freie“ Zeit für sportlichen Ausgleich vom Job durch mehr Sport wie Yoga, Pilates und Krafttraining (37,2 % gesamt, Frauen +10 %) oder lesen eines der Bücher, die sich in bei vielen stapeln (26,2 %).
Doch, obwohl knapp die Hälfte der Befragten (49,5%) sagt: „Alles gut“ mindern Angst und Überreizung das tägliche Wohlbefinden für immerhin ein Drittel (30,2 %) der Befragten. Signifikant ist auch, dass Deutsche leisten vier von fünf der Studienteilnehmer*innen (80%) Mehrarbeit leisten – fast 30 Prozent sogar vier oder mehr Stunden täglich. Vor allem die junge Zielgruppe steht unter Druck: 86,9 Prozent der 25- bis 34-Jährigen starten vor 9 Uhr, aber nur gut ein Drittel fährt vor 18 Uhr den Rechner wieder herunter. Die jüngere Arbeitnehmer*innen (20,6%) tendieren grob gesagt dazu, gegenüber ihren Kollegen zu übertreiben, 14 Prozent von ihnen erfinden sogar Telefonate und Meetings, um möglichst beschäftigt zu wirken. Die Älteren sind da deutlich gelassener: 85,4 Prozent der Generation 55+ verzichten auf solche Tricks (im Vergleich: 39,7 % der 16- bis 24-Jährigen). Und auch die Frauen spielen unabhängig von der Altersgruppe in der Mehrheit (62,8 %) mit offenen Karten (Männer: 54,9 %). Der Zeit- und besonders der Performance-Druck macht sich bei 21,9 %% bemerkbar.
Bemerkenswert und deutlich ist trotz allem, dass wenn am Ende des Jahres, nachdem das gröbste überstanden ist, die Frage ansteht: Homeoffice ja oder nein, wollen immerhin 45 % der Befragten mehrheitlich aus dem Homeoffice arbeiten. Ganz besonders die, die keine betreuungspflichtigen Kinder haben, die längere Anfahrtswege haben und die bereits Erfahrung mit Homeoffice haben.
Deshalb ist es so ungemein wichtig, jetzt aus den Erfahrungen zu lernen und die Ergebnisse der Studie auch mit den Mitarbeitenden zu diskutieren. Wir müssen gerade im Homeoffice, Sicherheit und Vertrauen im Team zu installieren. Deshalb sagt Selena: „Du kannst es als Führungskraft extrem vermasseln, wenn du Misstrauen schürst, weil jemand nicht erreichbar ist obwohl er Zuhause ist“. Letztlich zeigen die Ergebnisse ja, dass die Arbeit getan wird – und Dinge funktionieren, die bisher unmöglich schienen.